Die Entstehung des Persil Service online. Das Hannoveraner Reinigungsunternehmen Stichweh Textilpflege GmbH stellte uns vor eine unserer bislang größten Herausforderungen. Das Unternehmen wollte seine lokalen Textilreinigungen um einen deutschlandweiten online Wäscheservice erweitern.
Die Kunden bestellen sich einen leeren Karton, befüllen ihn einfach mit der zu reinigenden Wäsche, bringen ihn anschließend zur Post und bekommen nur wenige Tage später ein Paket mit sauberer, gebügelter und gefalteter Wäsche zurück. Was so einfach klingt, warf bei näherer Betrachtung trotzdem ziemlich viele Fragen auf. Dennoch haben wir uns dieser Herausforderung gerne gestellt und all unsere Brainpower für den Kunden eingesetzt.
Bevor der eigentliche (oberflächliche) Prozess der Kartonbestellung angegangen werden konnte, gab es anfangs viel Basisarbeit zu leisten. Zu Beginn stellten wir die Fragen: Wer ist die Zielgruppe für diesen Online-Reinigungsservice? Und wenn diejenigen zur Post gehen müssten, warum könnten sie dann nicht einfach direkt zur lokalen Reinigung gehen? Was sind daneben die Benefits eines solchen Services? Wer profitiert wirklich davon?
Das Erste, was wir mit unserem Kunden gemeinsam entwickelt haben, war eine sogenannte Persona. Eine Persona (oder auch Kundenavatar genannt) ist eine ausführliche und greifbare Beschreibung des bestmöglichen Kunden – desjenigen, der am meisten von unserem Service profitiert. Dafür haben wir zunächst alle Vorteile des Services herausgearbeitet und geschaut, welche Personengruppen und Ansprüche davon profitieren.
Dabei sind wir nicht (nur) unserem Bauchgefühl gefolgt, sondern haben Marktforschungskonzepte wie die Sinus-Milieus und im Speziellen auch deren Unterkonzept Digital User Groups herangezogen. Das Gute an diesen Konzepten ist, dass sie langwierige eigene Marktforschungsaufwände ersparen. Wir konnten so auf die Nutzergruppe der Performer und der Intellektuell-Liberalen eingrenzen und haben aus diesen daraufhin unsere beiden Personas Alexander und Frank entwickelt.
Für beide erstellten wir einen umfassenden Steckbrief, der soziodemografische Merkmale, die Lebensumstände und eine Handvoll Fotos enthielt. Ab sofort hatten wir nun zwei greifbare Personen, für die wir unseren Service optimal entwickelten und die wir im Zweifel „befragen“ konnten.
Die Analyse ergab, dass sie die bestmögliche Zielgruppe ausmachen. Beide Personen sind beruflich viel unterwegs, legen Wert auf ihre Garderobe, haben aber keine Möglichkeit, die immer rarer werdenden lokalen Reinigungen aufzusuchen. Der Online-Reinigungsservice kann aber von ihnen außerhalb von Ladenöffnungszeiten in Anspruch genommen werden, zum Beispiel über die Nutzung der DHL-Packstation.
Mit dem Wissen, wen wir adressieren, konnten wir uns anschließend dem Branding widmen. Denn – das war schnell klar – die Traditionsmarke Stichweh (seit 1853!) musste sich neu aufstellen, um die „Onliner“ abzuholen. Der Gedanke einer komplett neuen Marke war also geboren. Die lokalen Reinigungen vor Ort haben weiterhin Bestand und die Marke Stichweh bleibt unverändert. Lediglich die Logistik und das langjährige Know-how des Platzhirsches wurde übernommen.
Welcher Name würde den Puls der Zielgruppe treffen? Wie muss die Optik ausgestaltet sein, um den Qualitätsansprüchen von Alexander und Frank zu genügen? Neben dem expliziten Ziel, der Reinigung der Kleidung, haben wir folgende implizite Ziele herausgearbeitet, die bei der Markenentwicklung Beachtung finden sollten:
Es wurden Attribute entwickelt, die im Zusammenhang mit der Marke als relevant eingestuft wurden: vertrauensvoll, hochwertig, komfortabel, erfahren, entspannend und einige mehr. Diese sind auch im späteren Verlauf wichtig, um eine stimmige Bildsprache zu entwickeln.
Bei der Markenentwicklung haben wir das Balance-Dominanz-Stimulanz-System als Basis herangezogen: Wodurch werden Alexander und Frank motiviert? Welche Bedürfnisse müssen wir genau ansprechen? Welche Erwartungen müssen wir übertreffen? Dafür haben wir uns angeschaut, was die Basisfunktionen der Marke sind und was mögliche Begeisterungsfunktionen sein könnten. Herausgekommen sind Unabhängigkeit, Wertschätzung und Ästhetik. Diese drei Faktoren sollten das Brand-Design bestimmen. Darüber hinaus ist wichtig: Gibt es Wettbewerber und wenn ja, wie sind diese aufgestellt? Wir hatten Glück, denn die wenigen Anbieter, die es gab, waren lokal tätig (Großstadt) oder nicht mehr am Markt. Unsere Analyse der Scheiterungsgründe gab wertvolle Hinweise darauf, was wir besser machen konnten: Qualitätsmanagement und Kundenservice. Unser Kunde freute sich über diese Erkenntnisse und nahm diese Punkte weit oben mit auf die Agenda.
Wir haben für das „neue“ Unternehmen fünf Namen entwickelt: Laundressery, Galandri, Cleaning Crafters, e-Laundry sowie click&clean. Das Spektrum der angesprochenen Gefühle, Werte und Assoziationen ist bewusst so unterschiedlich gewählt, um unserem Auftraggeber die Möglichkeiten aufzuzeigen und Raum für Diskussionen zu lassen. Jeder Name funktioniert – die Schwerpunkte sind unterschiedlich gewählt. Je nach gewähltem Namen muss das Branding ergänzend tätig sein, um den Gesamteindruck zu stabilisieren. Der Name „geschickt gereinigt“ war eine spontane gemeinsame Idee, die in der Kundenpräsentation entstand. Er fühlte sich sofort sowohl für unseren Kunden, als auch für uns richtig an. Das ist uns besonders wichtig: Wir beharren nicht darauf, dass unsere geleistete Vorarbeit am Ende des Projektes unserem Anspruch entsprechen muss – der Kunde muss zu 100 % hinter dem fertigen Projekt stehen. Wir verstehen uns dabei als Impulsgeber, kreative Keimzelle und Berater. „Friss oder stirb“ wird es bei uns daher niemals geben.
Innerhalb des Projekts konnte unser Kunde überdies einen prominenten Partner von seinem Service überzeugen. Der etablierte Persil Service aus dem Hause Henkel wurde Partner des Projektes, das ab dem Zeitpunkt unter dem Namen „Persil Service online – geschickt gereinigt“ lief.
Bereits während des Brandingprozesses liefen die Vorbereitungen für die Entwicklung der Bestellplattform für den Persil Service online an. Der User benötigt eine einfache Weboberfläche, auf der er seinen leeren Karton bestellen kann. Doch was passiert dann im Hintergrund? In diesem Projekt wird besonders deutlich, welche Bedeutung die Programmierung von individuellen Schnittstellen hat. Die Entwicklung der Weboberfläche mit ansprechendem Screendesign und nutzerzentrierter Gestaltung sowie die Installation der Website auf einem Content-Management-System (CMS) ist vergleichsweise überschaubar gewesen. Das, was dieses Projekt richtig spannend macht, ist das, was "links und rechts" passiert. Bestellt ein Kunde einen leeren Karton, muss diese Information an ein Warenwirtschaftssystem und eine Logistikschnittstelle weitergeleitet werden. An dieser Stelle ist noch kein Zahlungsanbieter im Spiel. Der Versand des Kartons ist kostenlos, er muss jedoch noch gelabelt werden.
Der absolute Bequemlichkeitsvorteil für Frank und Alexander: Die beiden beladen jeweils den Karton einfach mit zu reinigender Wäsche und versenden ihn wieder. Sie müssen kein Formular ausfüllen, welche Kleidungsstücke sie einsenden. Das bedeutet für den Online-Reinigungsservice, dass er sich absichern muss, falls Kunden im Nachgang behaupten, Teile wären verloren gegangen. Oder aber auch, dass Teile beschädigt oder verunreinigt wurden. Aus diesem Grund ist der Teil der Paketöffnung videoüberwacht. Jedes Kleidungstück wird unter laufender Kamera entnommen und auf Beschädigungen oder Flecken geprüft. Diese Aufnahme darf der Kunde auf Verlangen natürlich einsehen. Anschließend gehen die verschiedenen Kleidungstücke ihren Weg durch die Wasch- und Reinigungsprozesse und werden in einem frischen Karton vom Persil Service online zurück an Frank und Alexander gesendet. Gelabelt, inklusive Rechnung.
Das Herzstück der beteiligten Systeme haben wir für den Kunden entwickelt. Es ist also eine Art Umschlagplatz für alles, was benötigt wird. So sieht der Prozess „hinter“ der Website im Detail aus:
Die Reinigungsstraße hat zu Beginn Terminals, an denen die Inhalte der eingehenden Kartons erfasst werden. Es werden Labels gedruckt, die an der Kleidung angebracht werden. Die Daten, die dabei entstehen (Kundennummer im Reinigungssystem, Art der Kleidung, Zustand, Nummer für die Waschstraße, etc.) werden exportiert und unserem System zur Verfügung gestellt. Unser System verarbeitet daraufhin die eingehenden Daten, damit der Kunde seinen Auftragsstatus einsehen kann. Er kann sich einloggen und sieht beispielsweise, welche Teile erfasst wurden. Daraufhin startet der Reinigungsprozess.
Am Ende der Reinigungsstraße stehen erneut Terminals unseres Systems. Mitarbeiter nehmen dort die vorsortierte, gereinigte Kleidung von den Ausgängen der Reinigungsstraße ab und legen Rücksendeaufträge an. Das funktioniert ganz einfach. Der Mitarbeiter scannt die Label an den Kleidungsstücken einfach ein. Anhand der ausgetauschten Daten erkennt unser System den Auftrag und auch den Kunden. Mit diesen Informationen holt sich unser System über einen Dienstleister online ein Paketlabel, welches der Mitarbeiter dann auf den Karton klebt. Reicht ein Karton nicht aus, kann ein weiterer Karton zum Auftrag hinzugefügt und weitere Labels geholt werden. Sind alle Stücke verpackt, werden Lieferscheine je Karton plus eine Rechnung erstellt. Alles ab in den Karton und auf die Laderampe für den DHL-LKW. Der Kunde bekommt eine Sendungsverfolgungsnummer und kann den Status seines Paketes jederzeit online abrufen.
Zu guter Letzt werden die Rechnungsdaten gesammelt und nachfolgend an einen Zahlungsdienstleister übermittelt.
Insgesamt haben wir für das Unternehmen Stichweh somit einen sauberen, digitalen Prozess konzipiert, designed und programmiert. Von der Frage des Sinns und Zwecks über das Matching der Zielgruppenbedürfnisse bis hin zum Nutzen über die fast vollautomatische Steuerung des Bestell- und Reinigungsprozesses. Digitalisierung so, wie wir sie lieben - der Persil Service online!
Mein Name ist Mark-Oliver Müller und ich helfe Ihnen sehr gern weiter.